Meine Story mit Gott – Kurze Begegnung mit der Siegergruppe „Ladies Night“ aus Murnau

So sehen Siegerinnen aus. Die Gruppe "Ladies Night" aus Murnau.
So sehen Siegerinnen aus.
Die Gruppe „Ladies Night“ aus Murnau.

Aufgeregt waren sie schon, als sie aus dem ICE am Paderborner Hauptbahnhof stiegen. Von Murnau am Staffelsee bis ins westfälische Paderborn ist eine ordentliche Strecke. Am Abend ist die große Gala zur Preisverleihung. Das kleine Schwarze haben sie alle im Koffer und die Aufregung steigt mit jeder Sekunde, die vergeht. Die Hälfte der Gruppe fährt bei mir im Auto mit, die anderen nehem ein Taxi. Für acht jungen Damen reicht der Wagen dann doch nicht. Auf dem Weg fragen sie mich über Paderborn aus. Sie sind neugierig, die Zeit ist knapp, viel erzählen kann ich nicht. Schon sind wir an der Jugendherberge. Die Zeit reicht für ein paar Worte und ein Foto.

Um 18 Uhr ist es so weit, dann fährt der Bus. Also ist ab 16 Uhr aufbrezeln angesagt. Noch ein kurzes Foto, ein paar Worte zum Abschied und die jungen Damen verschwinden in der Jugendherberge. Mit Christiane Lambrecht, der Initiatorin von „Ladies Night“, kann ich noch ein wenig rund um den Dom bummeln und ein paar Fragen loswerden.

„Meine Story mit Gott“ ist ein Medienwettbewerb für junge Leute, an dem nach Information der Ausrichter 27 Schulklassen und Jugendgruppen teilnahmen. Organisiert wurde der Wettbewerb vom Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses (ifp) und dem Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken. In der Jury saßen Pater Bernd Hagenkord SJ, Chefredakteur der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, Bischof Dr. Stefan Oster SDB, Bischof des Bistums Passau, gelernter Zeitungs- und Radiojournalist, Anne Reidt, Redaktionsleiterin heute journal beim ZDF, Vorsitzende des Fördervereins des ifp und Sebastian Winkler, TV-Moderator, moderiert unter anderem die „Allerbeste Sebastian Winkler Show“.

Jugendliche sollten Ihre Ideen entwickeln. Die Gewinner verwirklichten ihr Medienprojekt mit Unterstützung professioneller Trainer. So auch die Gruppe Ladies Night aus Murnau, die die Idee zu einem Film rund um eine Jugendliche, die auf der Suche nach dem Ort, wo sie „dazu gehört“ Gott findet. Es ist keine kitschige Bekehrungsgeschichte, es ist die Wirklichkeit unserer Tage. Die Eltern nerven, die Schule nervt, die Clique nervt auch. Der Weg führt sie in die Kirche. Es ist am Ende ein offener Weg, ein Weg, der Hoffnung macht. So könnte es wirklich sein. Der Film wirkt echt.

„Es ist auch so ungefähr die Geschichte eines der Mädels“, sagt mir Christiane Lambrecht. Wessen Geschichte Pate gestanden hat, verschweigt sie diskret lächelnd. Der Film zeigt es, daß da die Lebenswirklichkeit junger Menschen drin steckt. Die Umsetzung trägt klar die Handschrift der Jugendlichen und zeigt, wie gut sie von den Profis dabei begleitet wurde. Anstrengend war es. Die Szenen mußten fünf bis sechs mal gedreht werden, bis alles im Kasten war. Die viele Arbeit hat sich gelohnt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Auch die Mädchen sahen den fertigen Film heute Abend erstmalig. Hier ist er:

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Christiane Lambrecht
Christiane Lambrecht

„Ladies Night“, irgendwie ein komischer Name für eine katholische Gruppe, oder? „Es ist eine Gruppe, die aus der Firmung hervor gegangen ist.“, berichtet Christiane Lambrecht, „Wir treffen uns regelmäßig einmal pro Woche und reden, worüber die Jugendlichen reden wollen. Mode, Freundschaft, Liebe, Parties natürlich, aber über Gott und unser Leben reden wir eben auch.“ Irgendwann stand die Idee im Raum bei „Meine Story mit Gott“ mitzumachen. Die Gruppe hat sich viele Gedanken gemacht und ihren Beitrag eingereicht. Im Mai stand das Ergebnis fest. Sie gehören zu den drei Siegerprojekten. Der Film wurde in Benediktbeuern gedreht. Die Mädels merkten, wie anstrengend es ist, waren aber voller Elan dabei.

Auf der Gala am heutigen Abend wurden dann alle Siegerbeiträge vorgestellt. Ein katholischer Religionskurs mit Schülern im Alter von 15 bis 17 Jahren der Kopernikusschule Freigericht in Hessen hat mit Jugendlichen aus verschiedenen Ländern, Kulturen und Religionen Interviews geführt. Ein Grundkurs im Fach Katholische Religionslehre am B.M.V.-Gymnasium Essen-Holsterhausen hat einen Blog mit Podcast-Folgen zum Thema „Welche Verknüpfungen erstellen Menschen in sozialen Netzwerken unter #Gott?“ erstellt. Und natürlich „Ladies Night“ aus Murnau mit ihrem Kurzfilm über ein Mädchen mit unterschiedlichen persönlichen Problemen, das nichts mit der Kirche zu tun hat. Eines Tages weckt das Kirchengeläut ihr Interesse und sie geht in eine Kirche hinein. Eine Entscheidung, die ihr ganzes Leben verändern wird. Sie gibt Gott eine Chance und lässt ihn hinein in ihr Herz.

"Ladies Night" auf der Gala.
„Ladies Night“ auf der Gala.

Um 17 Uhr wird Christane Lambrecht nervös. Mit den Worten: „Die Mädels brauchen mich jetzt.“, verschwand sie in der Jugendherberge. Eine kurze Begegnung mit den sympathischen jungen Damen der Gruppe „Ladies Night“ und der eloquenten Initiatorin. Leider bleibt ihnen nicht viel Zeit für Paderborn. Morgen geht es schon recht früh wieder heimwärts. Aber ein Besuch zu Libori? Vielleicht mit den jungen Damen von „Ladies Night“? Wer weiß …

Die Gala begann um 19 Uhr und wurde von Maite Kelly moderiert. Die international bekannte Sängerin Judy Bailey gab anlässlich der Preisverleihung ein 40-minütiges Konzert.

Allen Gewinnern des Wettbewerbs auch an dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch.

Alle Siegerprojekte kann man nach der Gala auf dieser Seite des Bonifatiuswerkes sehen.

Ein bedrückender Tag für den Schutz vieler durch Krankheit, Leiden oder Depression gefährdeter Menschen

Mechthild Löhr, Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben (CDL), erklärt zur heutigen Bundestagsentscheidung über einen neuen § 217 StGB:

Reichstagskuppel
Reichstag
Sitz des Deutschen Bundestages in Berlin

„Die Bundestagsdebatte zur Sterbebeihilfe heute hat gezeigt, daß eine deutliche Mehrheit der Abgeordneten (360 von 602 abgegebenen Stimmen) zwar eine geschäftsmäßige Durchführung von assistierter Selbsttötung ablehnt, aber grundsätzlich Sterbebeihilfe als „private“ Angelegenheit ansonsten straffrei den jeweils Beteiligten überlassen will. Dies ist ein bedrückendes Signal für unsere Gesellschaft und Rechtskultur. Denn ganz offen haben leider viele Befürworter des erfolgreichen Gesetzentwurfes von Brand u.a. für die grundsätzliche Legitimität von Suizid und Legalität von Suizidassistenz geworben und nur die Einschränkung der fragwürdigen „Geschäftsmäßigkeit“ verteidigt. Aber wird eine Tötungsbeihilfetat dadurch akzeptabel, wenn sie nur selten oder „privat“ und aus persönlichen Motiven erfolgt? Jede tätige Suizidunterstützung kann sich ab heute ausdrücklich auf die gesetzliche Zustimmung zu einem solchen gemeinsamen „Akt der Selbstbestimmung“ berufen.

Schon jetzt ist deutlich absehbar, daß die neu entschiedene Gesetzeslage die Gerichte auf den Plan rufen wird. Vielen Abgeordneten geht die generelle Zulässigkeit noch nicht weit genug: sie fordern professionelle Suizidunterstützung vor allem durch Ärzte. Statt klarer Rechtslage, wie sie nur durch den Gesetzentwurf Sensburg und ein allgemeines Verbot von Suizidbeihilfe, erfolgt wäre, wird die Unsicherheit weiter wachsen. Wer, wodurch und wie häufig nun tatsächlich Beihilfe leisten darf, bleibt unbestimmt. Dies kann in der Gesellschaft weiter die Bereitschaft stärken, Suizid im Einzelfall als Handlungsalternative am Lebensende anzubieten und durchzuführen.

Damit hat der Staat seine Schutzfunktion gegenüber allen Bürgern, die sich aus Art.1 u. 2 des Grundgesetzes ergibt, gerade dann weitgehend in den privaten Gewissens- und Ermessensspielraum gestellt, wenn es um Leben und Tod geht. Dies gilt auch bei Ärzten, Pflegenden und Angehörigen, die nun jeden Einzelwunsch nach Suizidmitwirkung persönlich entscheiden können, ohne Strafe befürchten zu müssen. Suizidbeihilfe wird, so befürchten wir, langsam aber stetig zum akzeptierten Handlungsangebot am Lebensende. Zumal das neue Gesetz auch Werbung oder Beratung zu Suizidmethoden jederzeit zuläßt. Doch wann ist der Mensch weniger selbstbestimmt und mehr gefährdet und angewiesen auf lebensbejahende Unterstützung und Begleitung, als bei negativer Krankheitsprognose oder wenn er aus unterschiedlichsten Motiven in depressiver Verfassung ist?

Die Suizidprävention, die interessanterweise heute in der Debatte nur ein einzige Mal Erwähnung fand, geht gesichert davon aus, daß es sich in den allermeisten Suizidfällen, auch beim Altersssuizid, gerade nicht um eine wirklich freie und selbstbestimmte Entscheidung handelt. Wie soll zukünftig geprüft werden, ob der Suizidwunsch nicht von irgendwelchen Dritten aktiv motiviert und gefördert wurde? Schon jetzt führen bei 10.000 Suiziden pro Jahr häufig Krankheiten, Ängste, Beeinflussungen, Druck, wirtschaftliche Nöte oder tiefe Beziehungskrisen zum Suizidwunsch. Nach Eintritt des Todes wird, wenn am Vorgang nur der „Helfer“ dabei war, nicht mehr festzustellen sein, ob nicht doch eine strafbare Handlung zu ahnden ist. Eine solche Rechtsunsicherheit ist rechtsstaatlich unakzeptabel.

Die häufiger vorgebrachte rechtshistorische Erklärung, seit 1871 sei Suizidbeihilfe straffrei, ist aufgrund starker gesellschaftlicher Veränderungen kein überzeugendes Argument mehr. Noch 2011 waren immerhin 93 % der Bürger überzeugt davon, daß Suizidbeihilfe verboten sei! Die heutige Gesetzgebung bedeutet eine neue, explizite und „positive“ staatliche Anerkennung von Suizidbeihilfe. Dies bedeutet, sollte dieses Gesetz tatsächlich vor dem Bundesverfassungsgericht auf Dauer Bestand haben, einen weitgehend liberalisierten und privatisierten „Sonderweg“ für die straffreie Sterbebeihilfe in Deutschland. Der Tourismus in die Schweiz, um dort assistierten Suizid zu erhalten, dürfte ab heute sein Ende gefunden haben. Private und individuelle Sterbebeihilfe, so signalisiert es der neue § 217 StGB, kann in Deutschland jedem suizidwilligen Menschen als gefährliche Handlungsoption ermöglicht werden. Ein bedrückender Tag für den Schutz vieler durch Krankheit, Leiden oder Depression gefährdeter Menschen in Deutschland. Nach den Aussagen, die viele Abgeordnete heute im Deutschen Bundestag zum Schutz dieser Menschen getroffen haben, ist fraglich, ob sie nicht gerade diese Folgen für die Hilflosen in unserer Gesellschaft eigentlich verhindern wollten.“

Verbot geschäftsmäßiger Suizidbeihilfe reicht nicht

Der Deutsche Bundestag hat heute in dritter Lesung den Gesetzentwurf von Brand/Griese für den neuen §217 StGB angenommen. Damit steht nun jegliche geschäftsmäßige Suizidbeihilfe unter Strafe. Nicht bestraft wird auch weiterhin Suizidbeihilfe von Angehörigen oder nahe stehenden Personen. Ferner bleiben auch Ärzte straffrei, wenn sie ohne Wiederholungsabsicht handeln.

Rechtslage in Europa
Rechtslage in Europa

Alle diese Formulierungen sind extrem schwammig und schaffen keine Rechtssicherheit. Sie schaffen erst recht keine Sicherheit und keinen Schutz für Betroffene. Der Schutz am Ende des Lebens wurde mit dieser Entscheidung deutlich aufgeweicht und wird weitere Diskussionen auslösen. Es droht eine schiefe Ebene, die Stück für Stück dann doch den Weg zu einer aktiven Sterbehilfe, was nichts anderes als die Tötung schwerkranker, behinderter und depressiver Menschen bedeutet.

Einzig der Gesetzentwurf von Sensburg/ Dörflinger/ Hüppe hätte den nötigen umfassenden Schutz gewährleistet. Zudem hätte ein solches Gesetz auch dem entsprochen, was in anderen europäischen Ländern geltendes Recht ist. Aus diesem Rahmen ist Deutschland heute ausgeschert und hat sich auf einen eindeutig falschen Weg begeben.

Es wird, dazu braucht man kein Wahrsager sein, in Deutschland zu einer Zunahme von assistierten Suiziden kommen. Suizidprävention wird mit diesem Gesetz vollständig konterkariert. Ärzte geraten in die unschöne Lage, Menschen entgegen jeglicher ärztlicher Ethik die Mittel in die Hand zu geben, sich vom Leben zum Tode zu befördern.  Und was ist, wenn der betreffende Patient es absolut nicht mehr schafft, den Giftbecher selbst zu trinken? Noch steht hier der §216 StGB einem aktiven Tötungshandeln im Weg. Wie lange noch?

Mit der heutigen Entscheidung hat der Deutsche Bundestag einen neuen Schritt auf dem Weg zu einer Unkultur des Todes getan. Es wird vermutlich nicht der letzte gewesen sein. Äquivalent zu immer weiter aufgeweichten Regeln zum Schutz des Lebens an seinem Beginn, wie die vorgeburtliche Selektion (z.B. bei Behinderung), so steht also nun auch eine Rechtsnorm bereit, die den Anfang zur Selektion nicht mehr lebenswerter Senioren, Schwerkranker, psychisch Kranker und lebensmüder Menschen anbahnt. Noch geht es nur um den assistierten Suizid. Der ist jetzt gesellschaftsfähig. Der nächste Schritt wird kommen.

Mag die Debatte im Deutschen Bundestag heute auch einfühlsam und rücksichtsvoll geführt worden sein. Eine Sternstunde war dieser Tag für unsere Parlament ganz sicher nicht.

Abtreibung ist das gleiche wie Kindermord

Diese Gleichsetzung kommt nicht etwa von einem wildwütigen radikalen Lebensrechtler.

Es ist eine Gleichsetzung aus einer Ecke, die man gar nicht erwarten sollte.

  • Alberto Giubilini und Francesca Minerva behaupten, Babys seien noch keine „wirklichen Personen“, sondern nur „mögliche Personen“ daher sollen Mütter und Väter künftig das Recht haben, sie auch wenige Tage nach der Geburt noch töten zu dürfen.
  • Alberto Giubilini und Francesca Minerva fordern, daß Eltern, die sich von ihren Kindern überfordert fühlen, diese künsftig wenn es „wirtschaftliche, soziale oder psychologische Umstände“ nötig machen, straffrei töten dürfen.

Dazu muß man festetellen: Alberto Giubilini und Francesca Minerva sind offensichtlich selber noch keine „wirklichen Personen“, sondern nur „mögliche Personen“, da ihnen nach wie vor eine ganze Reihe ethischer Grundlagen fehlt, darunter auch die Einsicht fehlt, daß ein Mensch vom Augenblick der Zeugung an ein Mensch ist. Derartige Wissenschaftler stellen für unsere Gesellschaft eine wirtschaftliche, soziale und psychologische Überforderung dar.

Da wir als Christen aber jeden Menschen als Abbild Gottes sehen, ist es uns nicht möglich, die Tötung dieser  beiden Scheusale in Menschengestalt zu fordern.
Es gibt Momente, da möchte man das anders … Aber das haben wir nicht zu bestimmen.

Und dennoch muß man ihnen fast dankbar sein, denn sie stellen fest, daß es zwischen vorgeburtlicher Kindstötung (Abtreibung) und nachgeburtlicher (Kindsmord) keinen Unterschied gibt.
Das ist in der Tat so.
Und gibt es etwa wirklich Menschen, die Kindsmord befürworten?

Die zugehörige Meldung findet sich auf FOCUS online.

Ars moriendi zu Beginn des dritten Jahrtausends – Teil II

Ein Zitat aus der Regel des Heiligen Benedikt lautet:

Den eigenen Tod stets vor Augen haben.
Mortem cotidie ante oculos suspectam habere. RB 4,47

Das Zitat stammt aus den Werkzeugen der geistlichen Kunst und bedeuet, daß der Mönch seinen Tod stets als gegenwärtig ansehen soll, denn er kann ihn zu jeder Stunde ereilen und dann steht der Mönch vor seinem ewigen Richter.

Theresia Maria von Fürstenberg Portrait meiner Nichte
Theresia Maria von Fürstenberg
Portrait meiner Nichte
(Mit freundlicher Erlaubnis der Künstlerin.)

Das nebenstehende Bild der Künstlerin Theresia Maria von Fürstenberg zeigt eine junge Frau in der Blüte ihres Lebens, sozusagen an der Schwelle zum Erwachsenenalter, die mit gesenkten Augen aber einem unglaublich schönen und gelassen ruhig wirkenden Ausdruck sehr ernsthaft auf den Tod, repräsentiert durch den Schädel, schaut. Auf den zerknitterten Zettel steht eben dies Zitat aus der Benediktsregel. Beides, der Totenschädel und der Zettel, verbauen dieser jungen Frau nicht etwa ihre Lebensperspektive, vielmehr eröffnen sie ihr diese geradezu erst wirklich. Sie geben eine Deutungsperspektive. Der Tod ist nicht der Feind, er ist nur der Freund, der am Ende des Weges wartet. Er steht dort und wartet geduldig, bis der Mensch seinen ganz persönlichen Weg beendet hat.

Dieser Weg mag noch lang sein oder ganz kurz. Es ist des Menschen ureigener Weg und es ist gut, den Freund am Ende des Weges schon einmal zu kennen, damit man ihn zur rechten Zeit willkommen heißen kann. Nicht zu früh und nicht zu spät. Man muß nicht zu jeder Zeit an ihn denken. Es reicht ihn zu kennen und vor Augen zu haben.
Ars moriendi, das hat etwas mit einem erfüllten Leben zu tun und ist Bestandteil einer wahren Ars vivendi, der Kunst zu leben.

Es ist geradezu ein Geniestreich der Künstlerin, diese junge ausgesprochen hübsche Frau in dieser Weise abzubilden. Ars moriendi und ars vivendi hängen untrennbar zusammen. Das eine geht nicht ohne das andere.

Und so mag nun diese junge Frau auf dem Bild für viele Menschen die Botschaft sein, daß der Tod eine Wirklichkeit mitten im Leben ist und eben auch mitten im prallen Leben. Man wünscht es ihr, dieses pralle Leben in seiner vollen Schönheit viele Jahre genießen zu können.

Dieses Bild, das in unserer Zeit fast absurd wirken will, wo wir gerade in diesen Tagen über assistierten Suizid reden, zeigt, wie sehr Leben und Tod ineinander fallen und sich bedingen. Es zeigt aber auch, daß der Tod seinen zeitlichen Ort im Leben eines jeden Menschen hat, nämlich genau am Ende des irdischen Lebens.

Mit seinem Rat „Den eigenen Tod stets vor Augen haben.“ will Benedikt dem Mönch den Weg öffnen, nicht schließen.
Und der Weg ist der zum Leben.

Und wer könnte die Schönheit des Lebens besser vor Augen führen, als eine schöne junge Frau?

Es ist hoch an der Zeit, diese Ars moriendi neu zu erlernen.

Ars moriendi zu Beginn des dritten Jahrtausends

6. Nov 2015 Infos: keine-lizenz-zum-toeten.de
6. Nov 2015
Infos:
keine-lizenz-zum-toeten.de

Man könnte sich – hätte man denn noch welche – die Haare raufen, wenn man die derzeitige doch sehr unterschwellige Debatte um den assistierten Suizid ansieht. Da stehen vier Gesetzentwürfe im Angebot, von denen allerdings nur einer den Ansprüchen unseres Grundgesetzes genügt. Dieser ist jedoch eine Minderheitenmeinung unter den Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Der Gesetzentwurf von Sensburg/ Dörflinger/ Hüppe will den assistierten Suizid grundsätzlich verbieten. In den wenigen Veröffentlichungen dazu liest sich das allerdings so, als wollten ausgerechnet diese Abgeordneten dem Menschen ein vermeintliches Grundrecht bestreiten. Es geht um ein angenommenes Grundrecht auf einen selbstbestimmten Tod. Kurz gesagt: Jeder soll sich selber töten dürfen, wer das aus welchen Gründen auch immer nicht kann, soll Hilfe bekommen. Verkauft wird es – und viele, die z.B. auf Facebook kommentieren verstehen es so – als Selbstbestimmung.

Es ist wahr, jeder Mensch hat ein Recht auf Selbstbestimmung. Das garantiert unsere Verfassung und eben diese Selbstbestimmung über sein Leben(!) ist ein vorstaatliches Naturrecht eines jeden Menschen, das auch dann gilt, wenn es ein Staat nicht in seinem Rechtscodex explizit oder implizit garantiert. Es geht um Leben.
Zu dieser Selbstbestimmung und zur Möglichkeit dieses Recht wahrzunehmen, gehört nämlich unbedingt das Leben an sich. Nur wer lebt, kann über sich selbst bestimmen. Die Beendigung des Lebens hingegen führt die Selbstbestimmung geradezu ad absurdum, weil dieser Akt unwiderruflich jegliche Möglichkeit einer Korrektur der Entscheidung ebenso verunmöglicht, wie eine jegliche weitere und neue Ausrichtung in seinem Leben.

Es wird hier eine Selbstbestimmung postuliert, die selbstbestimmt die Selbstbestimmung an sich auslöscht. Ein Paradoxon, das sich beim besten Willen nicht auflösen läßt. Ein Paradoxon aber auch, welches massiv von den Protagonisten eines vermeintlich selbstbestimmten Sterbens bestritten wird.
Es ist eine Art Neonihilismus, die uns heutigen Menschen Glauben machen will, es gebe diese absolute Perspektiv- und Sinnlosigkeit, in der eine Selbsttötung nicht nur alternativlos, sondern auch noch ein Akt der Souveränität sei. Wo allerdings in einer Alternativlosigkeit die Souveränität verborgen sein soll, ist wohl deren bestgehütetes Geheimnis.

In Wirklichkeit – und das wird kein ernst zu nehmender Psychologe oder Psychiater bestreiten, ist Suizidalität der absolute Notfall, bei dessen Eintreten sofort angemessen zu therapeutisch zu intervenieren ist. Dies ist vor allem deshalb so, weil die Suizidalität nach Behebung ihrer Ursache – in vielen Fällen eine aus der konkreten Situation resultierende reaktive Depression – recht schnell vorüber ist. Sie endet genau dann, wenn es gelingt, mit dem Patienten eine neue Perspektive zu entwickeln. Sie tritt auch dann nicht zwingende wieder auf, wenn erneute negative Entwicklungen dies eigentlich nahelegten. Akute Suizidalität ist in der Regel auf einen sehr kurzen Zeitraum begrenzt und kann durch nur geringe Intervention dauerhaft beseitigt werden.

Allerdings kann eine latente Suizidalität durchaus weiter befördert werden, wenn man den Suizidwilligen dazu ermutigt. Wer dem Suizidkandidaten also „gut“ zuredet, kann dessen Suizidabsicht stabilisieren. Eine Assistenz im „richtigen Augenblick“ nimmt dem Suizidkandidaten auch noch die letzte Hemmung. Wo bitte ist da die Selbstbestimmung? Mehr fremdbestimmt geht eigentlich gar nicht mehr.

Das ist deutlich zu unterscheiden von einer echten Ars moriendi, die sich des eigenen Todes stets mitten im Leben stets bewußt ist, eine Haltung, die den Tod nicht ausblendet, aber akzeptiert, daß ein jeder Mensch seinen eigenen Tod sterben muß. Der Tod ist kein statisches Geschehen, es ist ein Akt mit vielen einzelnen Schritten des Loslassens von diesem Leben. Es sind Schritte, die gegangen werden wollen. Ob es nun die Versöhnung mit einem Angehörigen ist, ob es ein unverarbeitetes Geschehen in der eigenen Biografie ist oder ob es der Abschied im eigenen Tempo ist. Es kann auch der plötzliche Tod sein, bei dem der Patient nach Herzinfarkt ad hoc verstirbt. Jeder Mensch stirbt in seinem Tempo. Man kann seinen eigenen Tod nicht abkürzen, ohne sich selbst Gewalt anzutun. Ein Akt der Selbstbestimmung ist es ganz sicher nicht, Gewalt gegen sich selbst auszuüben. Schon geringere Neigung zur Selbstverletzung wird als therapiebedürftig angesehen. Um wieviel mehr dann eine Handlung oder auch nur eine Absicht, die zur eigenen Tötung geeignet ist.

In der abendländischen Tradition gibt es aber nun diese Ars moriendi, die Kunst zu sterben. Das mag sich morbide anhören, doch nur für Ohren, die sich dem Ende des irdischen Lebens verschließen. Es ist eine Sicht auf die Welt, die sich allein auf die Immanenz beschränkt und jegliche transzendente Realität ausblendet. Wer kein Leben nach dem Tod annimmt oder auch befürchtet, hat keinen Grund, sich der absoluten Vernichtung bei Unerträglichkeit des Seins zu verschließen. Das ist des Pudels Kern. Das ist auch der innere Kern, der uns diese lausige Debatte zum assistierten Suizid aufhalst: Ein Nihilismus neuer Art. Praktisch gewendet und auf Alltagsniveau heruntergebrochen bedeutet er am Ende nichts anderes als den Druck im Alter und bei Krankheit doch bitte rechtzeitig und sozialverträglich abzuleben.

Gender- Mainstreaming in Deutschland

Spieker_GenderSo einfach und klar der Titel, so einfach und klar ist auch der Inhalt. Manfred Spieker, emeritierter Professor für katholische Sozialwissenschaften an der Uni Osnabrück, gibt in seinem neuesten Buch einen umfassenden Überblick über die Entstehung der Idee und Ideologie, die wir allgemein unter dem Namen Gendermainstreaming kennen. Bei der Spurensuche legt er die tiefsten Wurzeln bei Friedrich Engels und nicht zuletzt bei Simone de Beauvoir frei. Von der Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking zieht sich eine Spur bis in unsere Hochschulen und Ministerien. Spieker legt sie frei und zeigt auf, welche Bereiche Gendermainstreaming inzwischen schon durchdrungen hat. Mit vielen Zitaten und Belegstellen wird dem Leser nüchtern und sachlicher ein Blick auf das Wesen dieser dekonstruktivistischen Ideologie ermöglicht.

Der nächste Schritt widmet sich der Untersuchung der Wirkungsstätten des Gendermainstreamings. Universitäten, Ministerien, Verbände und auch die Kirche sind vor Gendermainstreaming nicht sicher. Der Sozialwissenschaftler deckt auf, wo und vor allem wie sich diese Ideologie hier überall verbreitet und etabliert hat.

Insbesondere mit Blick auf die Kirche kommt hier das ordentliche Lehramt zu Wort. Zahlreiche Äußerungen belegen die klare Positionierung der Kirche gegen Gendermainstreaming. Ein kurz und gut nachvollziehbarer Abriß zeigt deutlich auf, wo  Gendermainstreaming der christlichen Anthropologie und der kirchlichen  Morallehre diametral entgegen steht. Wo eine Distanzierung nicht erfolgt, fehlt es gemäß Spieker „vor allem in der Moraltheologie häufig an Klarheit der eigenen Positionen … sofern überhaupt die Absicht besteht, sie zurückzuweisen.“ (S.55) Kritisch betrachtet der Theologe hier das Schweigen der Mehrheit der deutschen Bischöfe, während sich sowohl Papst Benedikt XVI. als auch Papst Franziskus bereits mehrfach eindeutig dazu geäußert hätten.

Gerade einmal 103 Seiten Text braucht es, um in gut verständlicher Sprache dem Gendermainstreaming die Maske vom Gesicht zu reißen und damit die gnostische, leibfeindliche Wirklichkeit dieser Ideologie ans Tageslicht zu holen. An allen Stellen mit Quellen für das eigene Weiterstudium und die Vertiefung belegt, leuchtet das Buch schonungslos nicht nur die Entstehung sondern auch die undemokratische Etablierung des Gendermainstreamings aus. Es bleibt dem Leser nicht erspart, auch schon einen Blick auf die nächste Stufe, das kommende Diversity- Mainstreaming zu werfen.

Mit diesem Werk reiht ein weiteres wertvolles Buch in die Reihe der immer zahlreicher werdenden genderkritischen Literatur ein. Wer den ungeschönten Blick auf Gendermainstreaming nicht scheut und noch mehr, wer ein handliches Grundlagenwerk sucht, ist mit diesem Buch richtig beraten.

Angaben zum Buch:
Manfred Spieker
Gender-Mainstreaming in Deutschland
Konsequenzen für Staat, Gesellschaft und Kirchen
Paderborn 2015
ISBN: 978-3-506-78396-7

 

Auf dem Weg in den Synodalismus

Papst Franziskus © Peter Winnemöller 2013
Papst Franziskus
© Peter Winnemöller 2013

So gehen wir denn jetzt diesen Weg. Der Papst hat für das dritte Jahrtausend der Kirche einen synodalen Weg verordnet. Der Papst spricht von einer synodalen Kirche des Hörens. Er baut für diesen Weg auf den sensus fidei des Gottesvolkes. Die Ortskirchen sollen gestärkt werden. Von der Bistumssynode über die Nationalsynode bis hin zur weltweiten Bischofssynode will der Papst der gesamten Kirche einen synodalen Weg verordnen.

Dabei ist zu bedenken, daß der Papst selber aus einer Kirche kommt, die als junge Kirche diese synodale Tradition tief verinnerlicht hat. Als Kardinal Bergoglio hat er mit ca. 600 Bischöfen am Dokument von Aparecedia gearbeitet, daß im Jahr 2007 als Basisdokument für die Kirche in Lateinamerika und der Karibik verabschiedet wurde.  Insgesamt ist die Kirche in Lateinamerika sehr viel dynamischer, basisorientierter und last not least auch synodaler verfaßt. Der Bischof einer lateinamerikanischen Diözese ist ein Bischof zum Anfassen. Er läßt sich nicht in der Limousine vorfahren und entschwebt in selbiger nach absolviertem Termin schleunigst wieder. Der Bischof in Lateinamerika, aber auch in Afrika und Ozeanien ist mitten unter dem Volk zu finden und hat die Stimme der Gläubigen im Ohr.

Wenn man die Papstansprache beim Festakt zum 50. jährigen Bestehen der Bischofssynode liest und als Deutscher oder Westeuropäer das kalte Grausen bekommt, dann sollte man unbedingt diesen Hintergrund des Papstes mit denken. Der Papst will, daß die Bischöfe die Stimme des Gottesvolkes hören. Der Papst will, daß alle gemeinsam Bischöfe und Volk auf die Stimme Gottes hören. So sollen die Gemeinden im Gebet und in der Beratung hören, was der Geist den Gemeinden sagt.

Schon öfter konnte man den Eindruck gewinnen, daß Papst Franziskus den europäischen Traditionen mit großer Nichtachtung begegnet. Ein monarchisches Papstamt lehnt der rigoros ab. Die traditionelle Ästhetik der römischen Kirche ist ihm ebenso zuwider wie die traditionellen Arbeitsweisen der Kurie, die er immer wieder geflissentlich ignoriert (und zuweilen auch brüskiert). Die Weigerung im apostolischen Palast zu wohnen spricht eine beredte Sprache. Mitten während der Synode bricht er aus und besucht ein Obdachlosenheim. Diese Ausbrüche haben Symbolcharakter.

So bricht nun der Papst auch aus der in den vergangenen Jahrhunderten europäisch geprägten Weise der Kirchenführung aus und ruft ein Zeitalter der Synodalität aus. Die jungen Kirchen – insbesondere in Afrika und Lateinamerika – werden es ihm danken. Auch in Osteuropa kann man sich eine echte kirchliche Synodalität wirklich sehr gut vorstellen. Man kann sie sich im Grunde überall dort vorstellen, wo die Kirche wirklich eine arme Kirche der Armen ist. Man kann sie sich dort vorstellen, wo – ähnlich der frühen Kirche in Europa – die Katholiken sich in Gemeinschaft der Gläubigen auf den Weg machen, ihr Leben aus dem Glauben zu durchdringen. Das und nichts anderes ist es, was der Papst mit seinem Aufruf zu einer synodalen Kirche will. Es spricht im Grunde aus jeder Zeile seiner Rede.

Kardinal Marx hat recht, wenn er bei dieser Ansprache von einer historischen Rede spricht. Wir werden auch in Deutschland nicht umhin kommen, uns mit den Folgen dieses Postulats einer synodalen Kirche auseinander zu setzen. Man hört im Hintergrund die Sektkorken im Haus des ZdK in Bonn schon knallen. Nie war man einer Neuauflage der Würzburger Synode näher als heute. Die Forderungen nach einer nationalen Synode, die vom Vorsitzenden der DBK am Ende des Dialogprozeß noch zurück gewiesen worden sind, erhalten nun neue Nahrung. Und wenn der Papst schon in einer historischen Ansprache die Synodalität der Kirche betont, ist man doch gerne wieder eine Filiale Roms.

Im Grunde wäre das ein Grund zur Freude. Hurra, die Bischöfe wollen hören, was die Gläubigen denken, welche Sorgen und Nöte ihren Alltag prägen. Katholiken sind in Westeuropa in eine Minderheitssituation geraten. Leere Kirchen an Sonntagen, Bedeutungsschwund des christlichen Glaubens im Alltag, in der Politik und nicht zuletzt in der Wirtschaft, stehen im engen Zusammenhang zu einer einzig funktionalen Ethik der Nützlichkeitserwägungen. Gendermainstreaming und die daraus folgenden politischen Weichenstellungen bringen Gläubige in Bedrängnis. Bistümer horten Milliardenvermögen, während Gemeinden vor Ort aus Geldmangel Kirchen und Pfarrhäuser verkaufen müssen. Man könnte diese Liste noch länger fortsetzen.

Es gäbe Grund genug, daß die Gläubigen das Gehör ihre Hirten fänden. Doch die Türen der Bischofshäuser öffnen sich nicht für sie. Politiker und Funktionäre haben das Ohr der Bischöfe und es werden Politiker und Funktionäre sein, die den Weg einer nationalen Synode in Deutschland bestimmen würden. Völlig zu recht also könnte einen deutschen Katholiken bei der Ankündigung des Papstes das kalte Grausen packen. Aber sind wir denn so ängstlich? Haben wir kein Vertrauen in den Heiligen Geist, der die Kirche lenkt? So sehr man verstehen kann, welch Grausen einen erwartete, käme es zu einer deutschen Nationalsynode, so sehr muß man den Blick weiten, um die Glaubenskraft der gesamten Kirche zu sehen. Denn eines sollte klar sein: Ein solches Zeugnis, wie es Anca-Maria Cerna in Rom gegeben hat, gibt es eben auch auf einer Synode.

Es ist nicht auszuschließen, daß der Weg in die Synodalität der Kirche ein Zeitalter des Synodalismus äquivalent zum mittelalterlichen Konziliarismus auslöst. Eines jedoch dürfte klar sein, der Papst stellt mit seinem Aufruf zur Synodalität den alten westeuropäischen Kirchen ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Allein schon die Tatsache, daß wir es für möglich oder sogar wahrscheinlich halten, mit einer synodalen Kirche eine Protestantisierung auszulösen, zeigt schon die schwache Verfassung der Kirche in Deutschland und Westeuropa. Der Papst geht das Risiko ein, weil er weiß, daß Gott seine Kirche nicht verläßt. Man kann allerdings jeden deutschen Priester oder Laien verstehen, der diesen Schritt des Vertrauens und des Glaubens nur mit einer Gänsehaut des Gruselns geht.

Wir leben in interessanten Zeiten …

 

Frontalangriff auf die Ehe?

Kardinal Marx
Kardinal Marx

Eine Besonderheit dieser Synode ist der Umgang mit den Statements der einzelnen Teilnehmer. Während auf früheren Synoden die Sala Stampa (Pressestelle des Vatikans) alle Statements der Bischöfe veröffentlichte und diese in der Regel sogar in mehrere Sprachen übersetzte, werden bei dieser Synode keine Statements zentral veröffentlicht.

Jeder Bischof kann allerdings mit seinem Statement machen, was er will. Einige stellen ihres irgendwo online. Einige geben ihres an Journalisten. Einige veröffentlichen gar nicht. Die deutschen Bischöfe veröffentlichen ihre Statements auf der Seite der DBK. So weiß man zumindest wo man diese nachlesen kann.

Heute wurde das Statement von Kardinal Marx auf der Synode veröffentlicht. Der Kardinal stellt unter anderem die Frage,

ob sexuelle Handlungen isoliert vom Lebenszusammenhang beurteilt werden können. Können wir sexuelle Akte in einer zweiten zivilen Ehe ausnahmslos als Ehebruch bewerten? Unabhängig von der Bewertung der konkreten Situation? Quelle.

Diese Frage stellt der Kardinal in den Zusammenhang mit der Frage der Zulassung von geschiedenen Eheleuten, die eine erneute zivile Partnerschaft eingegangen sind. Dabei spricht der Kardinal nur von einer zivilen Ehe. Partnerschaften, die nicht den Charakter einer zivilen Ehe haben, kommen nicht vor. Dabei besteht aus Sicht der Kirche hier keinerlei Unterschied, ob eine erneute Partnerschaft nach einer Ehe mit einem zivilen Trauschein versehen ist oder nicht.

Dem voran stellt der Kardinal den folgenden Gedankengang in, der hauptsächlich aus Fragen besteht:

Als Grund [für die Nichtzulassung zu Beichte und Kommunion PW] wird angegeben, dass zivil geschiedene und wiederverheiratete Gläubige objektiv in einem fortgesetzten Ehebruch und damit im Widerspruch zu dem leben, was in der Eucharistie zeichenhaft dargestellt wird, die Treue Christi zu seiner Kirche. Doch wird diese Antwort der Situation der Betroffenen gerecht? Und ist sie sakramententheologisch zwingend? Können Menschen, die im Zustand der schweren Sünde gesehen werden, wirklich das Gefühl haben, ganz zu uns zu gehören?

Dieser Fragenkomplex, ein solcher ist es ja und nicht etwa schon eine These oder eine Behauptung, wirft eine ganze Reihe weiterer Fragen auf. Gesetzt den Fall, man könne nach einer gewissen Zeit sexuelle Akte in einer zweiten Ehe vom Makel der Sünde gegen das sechste Gebot befreien. Ab wann? Nach fünf Jahren, nach 10 Jahren? Wo soll die Grenze liegen? Spielt es für die oben angedeutete Bewertung vielleicht eine Rolle ob aus der neuen Verbindung Kinder hervorgegangen sind? Wie viele müssen es sein? Reicht eins? Müssen es zwei oder drei sein?

So seltsam sich diese Fragen anhören, so in sich logisch sind sie doch, bleibt man innerhalb der Frage des Kardinals. Unter der Voraussetzung, daß man ein generelle Regelung schaffen will, ist es unumgänglich objektive Bewertungskriterien einzuführen, will man nicht Willkür Tür und Tor öffnen. Wer gut mit dem Pfarrer kann, der darf, wer nicht bleibt außen vor. Das wäre keine Lösung.

Der Rahmen läßt sich weiter ziehen. Warum grenzt man diese Sonderfälle auf das sechste Gebot ein? Warum bitte nicht auch das vierte, das fünfte oder das siebte? Und wenn es die Zweit“ehe“ betrifft, was ist mit der Dritt- und Viert“ehe“. Erlangen auch diese eine neue, höhere moralische Qualität, wenn man nur bestimmte Bedinungen erfüllt?

Denkt man die Fragestellung wirklich ganz zu Ende, muß man zu der Erkenntnis kommen, daß auch sogenannte Ehen ohne Trauschein zwischen verheirateten und unverheirateten Partnern in jeder nur denkbaren Konstellation zwingend entweder durch das Vergehen von Zeit oder aber die Geburt von Kindern ihre Qualität erreichen, die sie dann de facto mit der Ehe gleichstellen würden.

Man kann sich drehen und wenden, wie man will. Die Frage von Kardinal Marx positiv zu beantworten, wäre das Ende der Ehe als Sakrament, das Ende der Ehe als Kern der Familie und letztendlich das Ende des sechsten Gebots. Welchen Sinn sollte ein solches Gebot noch machen, wenn die die serielle Monogamie der unauflöslichen Ehe graduell gleichgestellt wäre.

Die Frage also, der man die Ernsthaftigkeit ja nicht absprechen sollte, hat Haken und Ösen, an denen man sich bei aller Vorsicht trotzdem nur verheddern und verfangen kann und letztendlich das Netz zerreißt. Implizit werden ja in rogativer Form von Kardinal Marx diese Thesen als Möglichkeit vertreten. Es hört sich gut an und das Mitleid mit den Menschen in gescheiterten Beziehungen, die erneut einen Menschen als Partner gefunden haben und nun (scheinbar) außen vor stehen, ist sicher groß. Dennoch handelt es sich, sollte der Coup gelingen um eine subtile Unterwanderung der katholischen Ehelehre. Das sollte man klar haben.

Es ist denkbar unwahrscheinlich, daß sich eine Mehrheit der Synodenväter diesen Fragestellungen so anschließt. Ebenso unwahrscheinlich erscheint es, daß diese Gedanken nach einer Ablehnung durch die Synode sang- und klanglos aus dem deutschen Episkopat und aus den Köpfen deutscher Verbands- und Gremienvertreter verschwinden werden. Spätestens im geplanten Familienschreiben der DBK werden diese Gedanken unterschwellig mehr oder weniger verklausuliert wieder auftauchen.

Einem katholischen Laien, der nicht im kirchlichen Dienst steht, kann das egal sein. Den Katechismus wird man dafür nicht umschreiben. Doch treibt mich um, wie schwer werden es Priester und Laien im kirchlichen Dienst haben, die später weiter eine katechismusgemäße Position zu Ehe und Familie vertreten und sich an subtilen Relativierungen und /oder Unterwanderungen nicht beteiligen wollen, wenn sie doch quasi von oben geboten sind. Es wird keinen klaren Verstoß gegen die  Lehre geben. Darüber sollte man sich im Klaren sein. Die Gefahr liegt in der als pastoral verkleideten Aufweichung in der Praxis. Die Gefahr liegt in der Willkür der Auslegung. Wo keine Klarheit herrscht, ist der Willkür zwingend Tür und Tor geöffnet.

Keine Frage ist hingegen, daß die Zahl der gescheiterten Ehen ein Problem ist. Serielle Monogamie ist kein Ideal, es ist ein Symptom für eine Gesellschaft der Unverbindlichkeit und Verantwortungslosigkeit.

Der Synodenvater Bischof Bode, der dem Grunde nach ja in dieselbe durchaus kritikwürdige Richtung argumentiert und fragt, stellt allerdings eine sehr richtige und wichtige Frage:

Bieten wir ihnen eine gute und längere Ehevorbereitung an, einen Weg, den wir gemeinsam mit ihnen gehen?

Diese sollte er als Bischof seiner Diözese nicht nur stellen, sondern wirklich als Hirte beantworten und danach handeln. Könnte ja sein, daß das Bistum Osnabrück in zehn Jahren die geringsten Scheidungszahlen im ganzen Bundesgebiet hat. Wer kann das schon wissen?

Hier jedenfalls wird der Gaul mal von der richtigen Seite aufgezäumt und nicht erst versucht, ihn von hinten aufzuzäumen, wenn der schon längst gestrauchelt und gefallen oder durchgegangen ist.

Soll keiner sagen, man fände nicht auch bei den deutschen Synodenväter mal die eine oder andere gute Idee.